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Gesellschaft und Reformkraft

Auf dieser Seiten, die sich teilweise noch im Aufbau befindet, möchte ich schrittweise am Beispiel der Gründung der Industriegewerkschaft Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft (IG BEW) im Frühjahr 1990 in der ehemaligen DDR  ein positives Beispiel für einen gelungenen Reformprozess dokumentieren. Zugleich soll die Aufbruchstimmung der Wendezeit in der ehemaligen DDR Mut zu Reformen in unserer verbesserungswürdigen Gesellschaft machen. Es wird sich also lohnen, ab und zu wieder auf meinen Homepageseiten zu stöbern. Wer schon jetzt einen ersten umfassenden Eindruck zur Reform der Gewerkschaften in der ehemaligen DDR gewinnen möchte, dem empfehle ich die Kapitel 3.2. bis 3.8. meines Aufsatzes„Mein Arbeitsleben inklusive Beitrag zum Sturz des FDGB“.

Nach vorzeitigem Abschluss meiner Ausbildung zum Maschinist für Wärmekraftwerke im Jahr 1978 war ich bis 1989 in Heiz- und Kraftwerken des Energiekombinates Erfurt als Obermaschinist tätig und engagierte mich seit 1984 als ehrenamtlicher Gewerkschaftsfunktionär (siehe auch tabellarischer Lebenslauf).

 

           Rechts im Bild das HW Gotha-West, in dem ich meine Ausbildung absolvierte. Links im Bild unser Wartburg 311 mit Wartburg 312-Kombikarosse vor dem HW Erfurt-Ost IV in Erfurt, wo ich im Winter 1985/1986 für 2 1/2 Monate bei einer durchgehenden täglichen Arbeitszeit von jeweils 10 Tagdiensten zu 12 Stunden und 10 Nachtdiensten zu 12 Stunden im Wechsel sozialistische Hilfe leistete. Im Januar 1986 stand in der Erfurter Presse: "Zügig voran gehen die Arbeiten am Parteitagsobjekt HW Erfurt-Ost IV. Der Dampferzeuger 6 steht kurz vor der Inbetriebnahme, an den beiden letzten wird mit Volldampf gearbeitet, um das der Partei gegebene Versprechnen termin- und qualitätsgerecht einzulösen und einen wichtigen Beitrag zur weiteren Verwirklichung der Politik der Hauptaufgabe zu leisten."  In Wirklichkeit wurde die Anlage schon mit groben Planungsfehlern und Mängeln errichtet.           

 

Im August 1989 wurde ich nach 13-jähriger berufspraktischer Tätigkeit in Heiz- und Kraftwerken im damaligen Bezirk Erfurt beim Zentralvorstand der Industriegewerkschaft Bergbau-Energie (IG BE) der DDR in Halle zum politischen Mitarbeiter berufen. Zur Einführung wurden mir Aufgaben auf dem Gebiet der sozialistischen Wettbewerbsführung in der Abteilung Produktionsmassenarbeit (was für ein unsinniger Begriff!!!) zugeteilt. Da kam mir schon das Gruseln, da ich die Praxis aus meiner 13-jährigen Tätigkeit in Heiz- und Kraftwerken kannte.

Noch im Herbst 1989 wurde ich jedoch in der Jugendarbeit tätig und war wegen der bevorstehenden „Zentralen Messe der Meister von Morgen“ (ZMMM), auf welcher 7 Exponate mit dem Ehrenpreis des Zentralvorstandes der IG Bergbau-Energie (IG BE) ausgezeichnet werden sollten, oft in Leipzig tätig. Zu dieser Auszeichnung sollte es wendebedingt jedoch nicht mehr kommen.

In der Zeit, als im Herbst 1989 die ersten Montagsdemonstrationen einsetzten, nahm ich mehrere Termine und Mitgliederversammlungen in Leipzig wahr und versicherte, die Misswirtschaft etc. mit zu bekämpfen und nach Prüfung der Satzung des „Neuen Forum“ dieses evtl. zu unterstützen.

Für meine Äußerung im Herbst 1989 zu den Fernsehbildern über die Leipziger Montagsdemonstrationen im Arbeiterwohnheim, dass ein friedlicher Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus nicht möglich wäre, jedoch umgekehrt, wäre ich von einem Führungskader des Zentralvorstandes der IG Bergbau-Energie bald gesteinigt worden. Richtig gewünscht hatte ich es mir jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht, da ich - wie viele andere Bürgerinnen und Bürger der DDR auch - den Aufruf „Für unser Land“ unterstützte.

Im Zuge der politischen Wende wurden Anfang Dezember 1989 die alten Vorstandsstrukturen und Arbeitsstrukturen im Zentralvorstand der IG Bergbau-Energie beseitigt. Der ehemalige Vorsitzende, der über 7 Jahre die Entscheidungen im FDGB-Bundesvorstand mitgetragen hatte, nahm seinen Hut. Auch weitere Sekretäre (vergleichbar mit heutigen geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern), wie etwa der für Agitation und Propaganda zuständige Sekretär, mussten in einem ersten Zug ihren Hut nehmen. Als Führungsgremium des Zentralvorstandes der IG Bergbau-Energie wurde ein Arbeitssekretariat installiert. Des Weiteren wurde ein Ausschuss zur Untersuchung von Korruption und Amtsmissbrauch gebildet. Die Vorbereitungsarbeiten für den 1. Kongress der neuen Industriegewerkschaft übernahmen schwerpunktmäßig Arbeitsgruppen.

Mit der neuen Aufgabenverteilung wurde ich Mitarbeiter im Büro des Leiters des Arbeitssekretariates. Als der Büroleiter in den Ruhestand ging, fungierte ich in der Funktion des Büroleiters.

Bis zu unserem 1. Kongress der Industriegewerkschaft Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft (IG BEW) vom 05.- 07.04.1990 in Bernau überschlugen sich die Ereignisse und die IG Bergbau-Energie kam auf dem Weg der Erneuerung gut voran. Am 18. März 1990 fanden beispielsweise die ersten und zugleich letzten demokratischen Volkskammerwahlen der DDR statt. Das Ergebnis machte deutlich, dass die deutsche Einheit in den nächsten 1 bis 2 Jahren kommen würde. Dieser Entwicklung stellte sich auch unsere neu gegründete Gewerkschaft IG BEW in einer Einmütigen Erklärung zur Gewerkschaftsarbeit und einer Entschießung zur Organisationsstruktur.

Auch bei der neuen IG Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft, die erstmals wieder eine eigene Satzung und ein eigenes Programm hatte, war ich weiterhin im Büro des Vorsitzenden tätig, jedoch wieder als Mitarbeiter (Gewerkschaftssekretär) unter einem neu hinzugestoßenem Büroleiter. Anmerkung: Einige der Führungskader der alten IG Bergbau-Energie wurden durch die IG Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft berechtigterweise nicht übernommen.

Die Tätigkeit im Vorstandsbüro machte mir nach wie vor Spaß, da sie sehr abwechslungsreich und verantwortungsvoll war.

Am 08.05.1990 (Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus) fasste unser Hauptvorstand, der aus 76 Mitgliedern bestand, (siehe auch mein Ergebnisprotokoll der 2. HV-Sitzung IG BEW vom 09.05.1990) nach guter Vorbereitung und Überzeugungsarbeit den einstimmigen Beschluss, die Beitragszahlung an den nur unzureichend reformierten "Freien Deutschen Gewerkschaftsbund" (FDGB) als Dachverband einzustellen und dessen Vermögensaufteilung und Auflösung herbeizuführen.

Hiermit wurden die Grundlagen für tatsächlich freie und unabhängige Gewerkschaften in der DDR geschaffen.

Am 09.05.1990 wurde auf Initiative unserer IG Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft und der IG Wismut (IG W) ein Sprecherrat zur Auflösung des FDGB gebildet. Somit hatten die Mitglieder des Hauptvorstandes unserer IG Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft  faktisch mit dem einstimmigen Beschluss vom 08.05 1990 dem nur unzureichend reformierten FDGB den Todesstoß versetzt.

Auch unsere vom 05.-07.04. 1990 in Bernau gegründete Gewerkschaft, die IG Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft, löste sich mit den Beschlüssen eines Außerordentlichen Gewerkschaftskongresses vom 15.09.1990 zum 31.10.1990 wieder auf. Dennoch konnte der Vorsitzende der IG Berbau-Energie-Wasserwirtschaft , Petre Witte, eine außerordentlich erfolgreiche Bilanz auf dem außerordentlichen Kongress der IG Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft ziehen. Eine Fusion mit der IG Bergbau und Energie (IG BE) Westdeutschlands kam jedoch schon aus juristischer Sicht nicht in Frage. Unsere Mitglieder wurden u. a. durch einen Beschluss der Delegierten des Auflösungskongresses aufgefordert, der IG Bergbau und Energie (IG BE) mit Sitz in Bochum automatisch zum 01.11.1990 beizutreten. Die IG Bergbau und Energie (West) hatte hierfür durch entsprechende Beschlüsse auf einem Außerordentlichen Kongress am 07.09.1990 in Duisburg und die „Berliner Erklärung“ die erforderlichen Grundlagen geschaffen.

Im Zuge der Schaffung der gesamtdeutschen Gewerkschaft wurde ich am 01.11.1990 Gewerkschaftssekretär in der Hauptverwaltung der IG Bergbau und Energie (IG BE) in Bochum. In der Hauptverwaltung der gesamtdeutschen Gewerkschaft wurde ich im Referat „Ausländische Arbeitnehmer/Schwerbehinderte“ als Gewerkschaftssekretär tätig.

Der endgültige organisatorische Aufbau der gesamtdeutschen IG Bergbau und Energie wurde mit dem ersten gesamtdeutschen Gewerkschaftskongress (15. IG BE-Kongress) vom 07.-11.05.1991 in Dortmund abgeschlossen.

Wenige Zeit nach dem Besuch der Akademie der Arbeit in Frankfurt a. M. von 1992-1993 wurde ich in die Abteilung Arbeitsschutz/Arbeitssicherheit der IG Bergbau und Energie versetzt. Auch hier warteten interessante Aufgaben auf mich.

Am 01.11.1997 fusionierten nach entsprechender Vorbereitung die IG Chemie, Papier, Keramik, (IG CPK)  die Gewerkschaft Leder und die IG Bergbau und Energie zur IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) mit Sitz in Hannover. Dadurch erweiterte sich der Organisationsbereich wesentlich und die Aufgaben wurden umfangreicher. Wie schon bei der IG Bergbau und Energie nahm ich neben lokalen und zentralen Tätigkeiten auch internationale Aufgaben als Gewerkschaftssekretär auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes war.

Im April 2007 schied ich aus krankheitsbedingten Gründen aus dem aktiven Arbeitsleben aus.

Aber nicht nur auf dem Gebiet der Gewerkschaftsarbeit trat und trete ich für eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Reformen ein. Insbesondere während meiner Zeit als ehrenamtlicher AfA-Vorsitzender in Recklinghausen von 1998 bis 2000 trat ich konsequent für eine demokratische Erneuerung ein und unterbreitete dem damaligen Generalsekretär Franz Müntefering  in einem umfasssenden Brief schon im Jahr 2000 Vorschläge zur Reform der SPD.  

Sicher unterbreiteten auch  andere Genossinnen und Genossen seit dieser Zeit zahlreiche Reformvorschläge, die aus heutiger Sicht hätten beachtet werden müssen. Wenn die Parteispitze mehr auf die Basis gehört hätte,  wäre der SPD das Wahldebakel bei der Bundestagswahl 2009 erspart geblieben.

 

Andreas Koch  | zukunft@mitgestalten.com